Als ich noch klein war, da war ich immer das "Ersatzkind".

Für meinen Vater nicht der Sohn, den er stattdessen fest erwartet hatte.

Und für meine Mutter das "Ersatzmädchen", für meine viel ältere Schwester.

 

Oft erzählte sie mir, welch' hübsches Kind diese gewesen sei.

Mit wundervollen langen Haaren, die allseits bewundert wurden.

Mit den strahlend blauen Augen eines "richtigen" deutschen Mädels.

 

An mir war nichts richtig, das fing mit dem falschen Geschlecht an,

setze sich über meine zarte Gestalt fort, mein eher dünnes Haar,

die dunklen Augen und vor allem mein stilles Wesen.

 

Mit den Jahren lernte ich, welche Märchen meine Schwester geliebt hatte (russische),

welche Kleidchen, Haarschleifen und Röcke sie bevorzugt hatte (Rüschen),

und welche Lieblingslieder sie immer mit der Mutter sang.

 

Eines hörte ich immer wieder, wenn es auch nur darum ging,

wir sehr beide es liebten und dazu fröhlich tanzten (mitten im 2. Weltkrieg).

Erst viel später begriff ich die tragische Kindheit, lange auf der Flucht durch Europa.

 

Wenn ich das Lied hörte (wenn auch nicht für mich gesungen),

wünschte ich mir immer sehnlichst einen solchen Ballon,

um mit ihm in das Land der Phantasie zu fliegen.

 

Aber ich bekam ihn nie...

 

 

 

 

 

Kauf' dir einen bunten Luftballon,
nimm ihn fest in deine Hand,
stell' dir vor, er fliegt mit dir davon,
in ein fernes Märchenland.

Kauf' dir einen bunten Luftballon,
sag' ihm deinen Lieblingsort,
und er zeigt dir eh' du's denkst zum Lohn,

die ganze Welt voll Illusion.

Kauf' dir einen bunten Luftballon,
und mit etwas Phantasie,
fliegst Du in das Land der Illusion,
und bist glücklich wie noch nie.

(Es existieren verschiedene Textversionen)