Der Eismond beherrscht den Januar.

Erstickt den Süden unter Schneemassen.

Sendet dem Norden Sturmfluten.

Und brausende, brüllende Heerscharen.

Mir Schmerzen und betäubende Müdigkeit.

Die Natur ergibt sich dem doppelgesichtigen Janus.

Der mit dem einen zurück, mit dem anderen nach vorn schaut.

 

Wie handelt der Mensch?

Wenn schon einiges an Vergangenheit hinter ihm liegt.

Er aber die Länge der Zukunft nicht kennt?

Verharrt er, bewegt er sich, rennt er davon?

Wohin denn? An jedes Ziel nimmt er ja doch sich selbst mit.

Die Stärken und Schwächen, den Mut und die Ängste.

Wie viel Zeit verbleibt? Und wofür?

 

In meinen Hospizzeiten ergab sich eine Fragestellung.

Wie wollte man selbst sterben, wenn man die Wahl hätte?

Meine Chefin plädierte sofort für Herzschlag. Punkt. Aus.

Unsere Mitarbeiter waren geteilter Meinung.

Ich würde es wissen wollen. Tag und Stunde wenn möglich.

Sagte ich. Um zu regeln, was zu geschehen hätte.

Und mit der verbleibenden Zeit sorgsam umzugehen.

 

Nun (ver)rinnt der Inhalt (m)einer Sanduhr.

Wenn ich ihre Größe kennen würde, was änderte das?

Noch zehn Jahre Zeit – ich bräuchte nicht zu planen.

Bei fünf Jahren, oder dreien? Da würde ich auswandern.

Deadline ein einziges Jahr? Vielleicht Hektik. Alles wollen.

Ein Monat? Eine Woche? Unablässig regeln, sortieren.

 

Eine Stunde? Duschen. Lieblingssachen anziehen.

Briefe schreiben: Ich liebe euch sehr! Warten mit Rotwein.

Kann man es sich überhaupt vorstellen? Kannst du es?

Warum handeln wir nicht rechtzeitig? Verschwenden so viel?

Was begrenzt ist, das wird plötzlich kostbar. Schier unersetzlich.

Weshalb wandere ich nicht jetzt aus? Schreibe Briefe?

Schlürfe Rotwein mit den Füßen im Meer?

 

Weil ich immer noch denke (glaube?) ich hätte Zeit en masse ?

 

 

 

 

Schaufensterdeko in Porto, Juni 2018 (hätt' ich mir doch nur so einen Kissenbezug gekauft!!)