Aufgewacht. Welche Erleichterung!
So ein (w)irrer Traum, den muss ich erstmal abschütteln.


All' das Bunte, die schräge Musik, die vielen Gestalten.
Diese bizarren Wesen, zusammengekommen auf einem Schiff.
Einem Ozeanliner, der wie abgewrackt wirkt.
Ist es die sinkende Titanic?
Der fliegende Holländer, auf seiner ewigen Reise über's Meer?

Es geht um ein später aufzuführendes Theaterstück,
wenigstens das habe ich erkannt.
Und ich scheine der Regisseur zu sein.
Jedenfalls machen mich alle verantwortlich
und ziehen an mir herum.


Das Licht flackert, als seien es Flammen,
ein kleines Orchester trifft keinen Ton,
auf langen Tischen ein aufgebautes Abendmenü,
das schon zu faulen und zu verfallen scheint.


Die gealterten Schauspieler tragen Kostüme,
die aus der Zeit gefallen zu sein scheinen.
Sie sind grell geschminkt, oder leichenblass.
Reden unablässig von den ach so großen Rollen,
die sie früher gespielt haben.
Wie wichtig sie waren und gefeiert vom Publikum.
Was sie alles von der Welt gesehen haben.
Und wie sie noch immer in Glanz und Gloria Erfolge feiern.


Manche tragen Masken, wie im Karneval von Venedig,
andere nur ihre gealterte, blasse, weiss gepuderte Haut.
Alle warten auf die Zuschauer,
die hoffentlich nie kommen werden.


Bin ich der Veranstalter? Regisseur? Stelle ich das Schiff?
Präsentiere ich ein herumreisendes Kuriositätenkabinett?
Einen "Käfig voller Narren"?
Oder ist es so etwa wie eine Commedia dell'arte?


Leben all' diese Menschen überhaupt,
manche kommen mir vor wie Mumien?!
Immer mehr werde ich bedrängt, man redet auf mich ein,
ich will nur noch weg, an Land,
heraus aus diesem kuriosen Schmierentheater.

Aufgewacht. Erleichtert. Befreit.
Sicher träume ich so wirres Zeug, weil ich im Chaos lebe.
Irgendwie auf der Flucht. Ohne Zuhause.
Ja, genau, das wird es sein!

Ein wenig kann ich nun lachen über das Durcheinander,
Die Verantwortung, die man mir aufzwingen wollte.


Dann bin ich ganz wach. Fokussiert.
Und erkenne plötzlich die bittere Wahrheit.

All' das Geträumte bin ich. Sogar das Siamesische Zwillingspaar.
Es symbolisiert wohl mein Sternzeichen.


Die Kostüme und Masken stehen offenbar für mein Leben.
Mehrfach habe ich ganz neu anfangen müssen.
Mich auch beruflich völlig neu erfinden.
Obwohl ich nichts davon wirklich sein oder tun wollte.
Viel Verantwortung hat man mir aufgedrückt.
Oder ich hab' sie mir freiwillig aufgeladen.

Nun sinkt mein Schiff, langsam, aber sicher.
Die Farben verblassen allmählich,
es hakt mit der Musik
und öfter mal flackert das Licht, aber noch brennt es.
Auch der Käfig ist ein starkes Symbol.
Meiner Unfreiheit.


Von der Vergangenheit lebt man,
wenn es keine vielversprechende Zukunft mehr zu geben scheint.


Ein Regisseur kann das Drehbuch nicht umschreiben.
Aber er vermag andere Requisiten auszuwählen,
was defekt ist austauschen zu lassen,
den Drehort zu wechseln,
neue Kostüme in Auftrag zu geben,
attraktivere Schauspieler und Musiker zu engagieren,
die Tische neu einzudecken.


Es sei denn, dass er Teil des Spiels ist.
Sich irgendwann selbst auch aufgegeben hat.

Die sinkende Titanic vermochte niemand zu retten.
Der Eisberg war ihr Schicksal.
Und letztlich ihr Untergang.


Es sei denn, sie hätte noch rechtzeitig den Kurs gewechselt.