Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens.

Friedrich Nietzsche

 

 

 

Ziemlich lange her, dass ich unter Menschen war.

Ein Virus hat die Welt den Atem anhalten lassen.

Und kam auch dem kleinen Dorf hier bedrohlich nahe.

Durch die Unvernunft einer feierwütigen Truppe.

Und eines ebenso unvernünftigen Wirtes.

Masseninfektion. Todesfall.

Die "neue Realität" ganz nah, sozusagen um die Ecke.

 

Auch ohne war ich "vernünftig". Besser: Bin es.

Denn in mehrerlei Hinsicht gehöre ich zu Risikogruppen.

Fünfzig Jahre Asthma haben mich geprägt.

Nur zu gut kenne ich das Gefühl zu ersticken.

Atmen zu wollen ohne, dass die Lunge sich füllt.

Verzweifelt Luft zu holen, schon mit den Augen vor dem Kopf.

Immer nahe daran, sich dauerhaft zu verabschieden.

 

Dieser Albtraum ist mir noch gut gegenwärtig.

Und wie immer mal das Licht ausgehen wird:

Bitte nicht, indem ich ersticke, das wäre mein Wunsch!

 

Wochen habe ich also "binnen" verbracht.

In einem Haus und einem Raum,

brav auf einer Gartenbank sitzend (Sofa ist weg) ,

von dem nichts mir gehört.

Der Fernseher spulte seine Programme ab,

ich häkelte Stunden um Stunden brav vor mich hin.

Las viel. Wenigstens meine eigenen Bücher, welcher Luxus!

 

Das Leben war irgendwo da draußen. Maskiert.

Der Bildschirm ließ mich Anteil haben, an dem "da draußen".

Auch daran, wie mehr und mehr alles einfror.

Ich notierte mir täglich die Zahlen. Erkrankte. Verstorbene.

Verfolgte Podcasts, Diskussionen, Berichte.

Erschrak über die Realitäten "da draußen".

Wo  ich doch in meinem ganz persönlichen (Alb)Traum lebte.

 

Im April der Mut, einen Spaziergang durch Leer zu wagen.

Zehn Kilometer entfernte Kleinstadt.

Mit Binnenhafen, schönen alten Gassen und kleiner Fußgängerzone.

Normalerweise immer ziemlch belebt, gerade an Wochenenden.

Nun wie ausgestorben. Alles verboten. Alles verriegelt.

"Leer" machte seinem Namen alle Ehre.

"Eine Welt ohne Menschen", so würde sie also aussehen...

 

 

 

 

 

 

 

 

Monate sind seitdem vergangen. Jeder Tag gleich.

Manche anders, aber die hätte es nicht gebraucht. Nicht so...

Meine Suche nach einem neuen (alten!) Haus kann man ebenfalls abhaken.

Wer verkauft auch sein Heim in solchen Zeiten?

Oder zieht bereitwillig um, ohne zu wissen, was die Zukunft bringt?

Manchmal möchte ich aufgeben. Die Suche. Den Mut.

Aber wenn ich das täte - dann wäre alles verloren. Das wird nicht sein!

 

 

Jedes Jahr freue ich mich auf eine Veranstaltung.

Auf den Töpfermarkt in der Leeraner Fußgängerzone.

Hochwertige Angebote von meisterlichen Künstlern.

Im Frühjahr gleich abgesagt, wie jegliche Höhepunkte.

Bedrückt nahm ich es zur Kenntnis. Neue Realitäten eben.

Aber die Stadt fasste Mut, suchte nach Ausweich - Lösungen.

Ein Parkplatz als Standort. Bauzaun drumherum. Begrenzte Besucherzahl.

 

Es war seltsam. So anders. Irritierend. Eingesperrt. Bei "Herbstwetter".

Aber ich war heute da. "Draußen". Unter Menschen. Im Gespräch.

Wie wunderwunderschön!

 

 

https://m.oz-online.de/-videos/player/139305/Auf-dem-Toepfermarkt-in-Leer