Ich mag die Bücher von National Geographic.

Weil sie mir von fernen Ländern und Kulturen erzählen.

Aber in den letzten Wochen hatte ich eine Lesepause.

Zu sehr hatte mich das reale Leben belastet.

Mir Fragen gestellt, auf die ich keine Antworten gefunden habe.

Warum ist es, wie es ist?

Warum komme ich aus diesem Gefängnis ohne Gitter nicht heraus??


Die Weihnachtszeit war kein Jahres - Höhepunkt wie sonst.

Der Hausherr hatte entschieden nicht zu feiern.

Zu viele Kosten durch seine Reisen zur Familie in den Osten.

Geschenkpakete an eben jene. Alles kostete.

Wir leben auch ohne Heizung. Es geht irgendwie. Man gewöhnt sich.

Auch an die Regentonnen, die viel Wasser speichern.

Essen war hier noch nie Luxus. Den braucht man ohnehin nicht.


Trotzdem waren es seltsame Tage.

Kein Adventsgesteck (hatte ich sonst immer dekoriert).

Kein Weihnachtsbaum (war auch immer mein Auftrag).

Keine Geschenke.

Nichts leuchtete, außer meinem kleinen Vorrat an Teelichtern von IKEA.


Es erinnerte mich an "Feste", nachdem meine Eltern sich getrennt hatten.

Die ungeheizte Wohnung, die Geschenklosigkeit, die Dunkelheit.

Jene Schläge meiner Mutter, die eigentlich meinem Vater galten.

Der Leere und Freudlosigkeit ihres Lebens. Der Verbitterung.

Dass ich eben ein kleines Mädchen war, mit braunen Augen.

Nichts mehr. Kein Sohn. Blond und blauäugig.


Was ist jetzt falsch, mehr als fünf Jahrzehnte später?

Ich bin wohl wieder nicht "richtig". Für seine Familie.

Da aus dem Westen. Oder warum?

Für die Westfalen war ich ein "Berliner Kind".

Für die Ostfriesen eine Frau aus Westfalen.


Dabei bin ich doch einfach nur ICH.


Ich auf einer Weltkugel, die wir uns alle miteinander teilen...


Selten kann ich schlafen und habe früher nachts gelesen.

In den letzten Wochen hatte es irgendwie nicht mehr funktioniert.

Meine Gedanken schweiften immer ab.

Nun, in meiner Traurigkeit, krame ich ungelesenes hervor.

"Ein Jahr in Casablanca" von Tahir Shah zum Beispiel.

Manchmal schmunzele ich, zu lustig sind die Erfahrungen...

Dann wieder rollt ein Tränchen.

Denn jedes Kapitel beginnt mit einem marokkanischen Sprichwort.


Gestern weinte ich unvermittelt los, denn dort las ich:



Die Menschen wissen nicht was sie haben,

bis sie es verlieren.



Und ich habe mehr verloren, als ich es vor acht Jahren 

je für möglich gehalten hätte. Vor allem mich selbst.

Ich gebe mir exakt dieses Jahr 2023 zur Rekonstruktion.

Sonst gebe ich auf.

Noch einmal solche Jahre brauche ich nicht.

Niemand...







Die Töne sind verklungen
lassen nur die Stille spür'n,
es wird so leer.

Die Bilder sind verschwunden
doch die Farben leuchten noch...


Die Freunde sind gegangen,
doch die Freundschaft lebt weiter.
Die Spiegel sind zersprungen
und ich seh' euch tausendfach....

Vorbei, verklungen und verschwunden,
vom Wind verweht ist jedes Wort.
Ich weiß, die Töne sind verklungen,
doch das Lied stirbt nie,
es klingt ewig fort...

Die Töne sind verklungen,
wie ein letzter Atemzug,
es wird so kalt.
Die Sonne ist versunken,
doch die Erde ist noch warm...


Und ein alter Baum,
vom Sturm gefällt,
lebt in jedem Blatt weiter.
Die Welle, die am Strand zerschellt,
schenkt ihre Kraft dem Meer...

Vorbei, verklungen und verschwunden,
vom Wind verweht ist jedes Wort.
Ich weiß, die Töne sind verklungen,
doch das Lied stirbt nie,

es klingt ewig fort...