Früh wurde ich Mutter. Wunderbarer Kinder.

Ohne zu ahnen, dass ich sie loslassen müsste.

Auf die eine oder andere Weise. Unerwartet.

Weil das Schicksal uns nicht fragt.

Ob wir etwas auszuhalten vermögen. Oder nicht.

Sie betraten Welten, die mir nicht zugänglich sind.

Vielleicht nicht jetzt. Vielleicht später. Bald. Oder nie.

Eltern möchten stets behüten. Schützen. Da sein.

Aber das Leben spielt nach ganz eigenen Regeln.

Sprengt Ketten, aber auch vermeintlich sichere Burgen.

Aus verbrannten Ruinen entsteht kein Leben mehr.

Das waren meine Gedanken, in jener düsteren Nacht,

als ich in verzweifelten Stunden „heimwärts“ lief.

Ins düstere Nichts. Wo niemand mich erwartete.

An einem Abend danach schrieb ich:

 

 

Ungel(i)ebt

 

Wie ein tiefschwarzer Schatten

hat dein Leid sich über mich gelegt.

Hat alle Farben und jegliches Lachen erstickt,

im schwarzen Nebel der Hilflosigkeit.

 

Einst kam dein Herz aus meinem Herzen.

Was in dir starb, lebt auch in mir nicht mehr.

Wenn deine Hoffnung stirbt,

vermag auch die meine nicht zu leben.

 

Verlässt dich der Mut zu kämpfen,

so habe auch ich keine Chance mehr.

Unser ewiges Band vermag kein Mensch zu trennen,

es verbindet uns, bis einst der Tod uns trennt.

 

Wenn du doch zehren könntest, von meiner Kraft!

Aber du hast mich müde gemacht. Sterbensmüde.

Der Strudel deiner Verhängnisse reißt mich mit in die Tiefe,

in der es kein Licht und keine Rettung geben kann.

 

Zu tragen vermag ich dich nicht mehr,

das Gepäck meiner Seele ist schwerer als Blei.

Lass' die Dunkelheit nicht siegen über das Leben.

Öffne ein Fenster! Für dich. Und für mich.

 

Doch ich weiß es ja:

Helfen kann dir niemand. Nur du selbst vermagst es.

Ins Innerste der Dunkelheit, wie auch ins Licht der Welt

geht letztlich jeder allein.

@Gabriele Juni 2018

 

 

 

 

Schmetterlinge im Eis

Hab' dir viel aufgehalst,
auf dir abgestellt,
dein Herz umgedreht,
deine Nerven zerrissen,
dein Stehvermögen ausgereizt,
dich angezählt,
deinen guten Willen zum Stehkragen aufgepumpt,
deinen Blick unendlich getrübt,
dir Übermenschliches abverlangt.

Meinen Wahn abgeteilt,
in deinem Zimmer jede Ecke eingeklagt,
für mein falsches Los
dich vergöttert, geplättet, zerrüttet,
mit meiner Sucht nach Trost,
meine Knoten zum Lösen überlassen,
meine Wogen zum Glätten vermacht,
hast jede Welle ruhig ans Ufer gelegt.

Was ich verdiente, hast du mir gegeben
den gerechten Preis habe ich bezahlt
brauch' dich zurück zum Überleben.
Deine Schmetterlinge im Eis.

Keiner spricht meine Sprache,
kauft mir meine Erinnerungen ab,
kein Gebot.
Keiner holt meinen Koffer,
eröffnet mein Verfahren,
zahlt die Kaution,
keiner verschafft mir ein Alibi,
keiner nimmt mein Gnadengesuch an.
Keiner, der mich mit der Wahrheit verschont.

Was ich verdiente, hast du mir gegeben
Den gerechten Preis habe ich bezahlt
Brauch' dich zurück zum Überleben
Deine Schmetterlinge im Eis

Keiner weint meine Tränen,
keiner leidet,
keiner übernimmt meinen Bann.
Keiner macht ungeschehen,
fängt für mich von vorn an,
keiner löst meine Schlinge,
setzt mein Urteil aus,
keiner besticht den Henker
löst mich auf dem Alptraum heraus.


Keiner ändert das Drehbuch,
keiner setzt den Film ab,
keiner betet für mich.
Keiner, der mir deine Meinung sagt,
keiner verrät mir das Codewort,
gibt mir deinen Aufenthaltsort preis,
treib' auf einem einsamen Berg,
brauch' deine Schmetterlinge im Eis!