Die Sänger meiner Kinderzeit versterben nach und nach.

Es berührt mich.

Warum?

Vielleicht begreife ich mehr und mehr, dass auch ich älter (alt?) werde.

Hatte ich mich auf ewig für unverwundbar gehalten?

Gedacht, dass ich dem Schicksal immer wieder von der Schüppe springen könnte?

Dass nur die Anderen altern würden, aber ich nicht?

Wie lächerlich!!!


Auch die Geschichtenerzähler vergehen im Nebel der Zeit.

Lösen sich auf. Zu nichts. Zu rein gar nichts. Vielleicht zu einer Handvoll Asche.

Die der Wind verweht.


Woher kommen diese Gedanken?

Ich kann es gar nicht hundertprozentig beantworten.

Vielleicht trägt der Winter mit seinen kurzen Tagen die Verantwortung daran?

Die Dunkelheit. Der Nebel. Die Abgeschiedenheit des Dorfes an der Ems.

So hatte ich nie leben wollen. 

Ohne Menschen. Ohne Lachen. Ohne Tanz und Musik. Ohne Leben.


Als Tony Marshall Erfolge feierte, war ich zwischen Kind und Teenie.

Seine Art von Musik war so gar nicht meins.

Ich ging damals noch zur Schule und jobbte nachmittags im "Kupferspieß".

Das war ein Restaurant im Souterrain des "Kaufhofs".

Die Arbeit war hart (Getränke- und Kuchenbüffet) und lang.

Aber ich ermöglichte damit die kleinen Freuden des Alltags.

So konnte ich einen gebrauchten Fernseher finanzieren.

Schwarweiß und hässlich. Aber er funktionierte.

Und brachte lebendige Bilder in das graue Leben.

Eines einsamen Kindes mit seiner geschiedenen Mutter.


"Schöne Maid" wurde zu dieser Zeit rauf und runter gespielt.

Die Köche sangen es in der Küche, klapperten mit Topfdeckeln.

Ich wunderte und freute mich, hüpfte erfreut mit.

Rex Gildo war zu Gast. Es gab eine Welt da draußen, von der ich (noch) nichts wusste.

Sie aber vielleicht erahnte. Und sehen wollte.


Es vergingen einige Jahre, bis es soweit war.

Und ich mit meinen Kindern in Flugzeugen saß.

Dieser Tage schickte meine Tochter mir einen digitalisierten Super8-Film.

Wir machen damals Urlaub in Westafrika, im Senegal.

Und im zweiten Teil fahren die Kinder Hänge herunter, in Tirol.

Ich wollte ihnen eine andere Kindheit ermöglichen, als meine eigene.


War alles so richtig? Manches? Gar nichts?

Ich war (bin) ein Mensch. MIt Fehlern und Stärken.

Was kommt noch? Was wünsche ich mir?

In drei Monaten habe ich Geburtstag. Und "nulle". Was mich irgendwie erschreckt.

Glaube ich, dass danach alles anders sein wird? 

Es ist doch nur ein Tag, wie jeder andere auch.

Oder doch nicht? 


Noch gibt es Träume. Na klar. Hey. Ich lebe noch!

Es gibt Ziele. Und Wünsche.

Das Leben ist oft das, was wir daraus machen. Oder eben nicht.


Am Montag lag das Buch "Pilgern" im Briefkastern.

Heute sehe ich zufällig einen Film von Saint-Jean-Pied-de-Port,

dem Startpunkt des "Camino de Santiago" in Südfrankreich.

Sofort fließen Tränen. 

Ich kenne die Kirche, ging mehrmals durch's Tor auf die Pyrenäen zu,

die mich von Frankreich nach Spanien, bis ans "Ende der Welt"  brachten.



Ist es mein letzter Traum? Vielleicht.

Aber es ist gut, dass es ihn gibt.

Der letzte Traum ist immer noch in Farbe...............