Super, wenn ein komplett fertiger Eintrag Sekunden vor der Veröffentlichung im Nirwana verschwindet, da schlagartig just in diesem Moment der Strom ausfällt... Ich denke, die Gefühle dazu kennen wir alle... Man pendelt zwischen Wut und Frust. Bis man wieder auf dem Boden der Tatsachen landet: Es ist, wie es ist und für irgendetwas war es sicher gut?!

Also jetzt ein neuer Anlauf. Leider kann man hier im Gegensatz zu meinem früheren Blog nicht zwischen- durch abspeichern, dann verlöre man nur einen Teil. Man könnte aber auf "privat", also nur für mich lesbar veröffentlichen und diese Einstellung abändern, wenn der Eintrag komplett ist. Vielleicht sollte ich das ein- mal versuchen...

Anders als gestern möchte ich hier mit einer Erkenntnis beginnen. Wenn zwei Menschen etwas gemeinsam angehen, sollten sie besprochen haben, welche Erwartungen sie für diese Zeit mitbringen. Eine Selbstver- ständlichkeit eigentlich. Trotzdem liegt gerade hier oft der Hase im Pfeffer. Nämlich dann, wenn wir zwar miteinander reden, aber nicht sprechen. Die Wahrheit nicht auf den Tisch kommt. Sie muss ja nicht verle- zend sein, sondern einfach informativ. Was stelle ich mir wie vor? Wo wären die Grenzen meiner Toleranz? Was wünsche ich mir von einer wie auch immer gearteten Partnerschaft? Dies bitte von beiden Seiten.

Ich erinnere mich an etliche Anrufe meines Sohnes, an dessen Ende (nach Stunden) die Bitte kam, ob ich ihm helfen, ihn noch mal unterstützen könne. Als Mutter ist man lernfähig, als Asperger Autistin sowieso. Ich entschied, wir könnten uns doch das ganze Vorspiel schenken und gleich auf den eigentlichen Kern des Pudels kommen. Beim nächsten Telefonat fragte ich also unmittelbar nach der üblichen Begrüßungsflos- kel:"Zu wann und wieviel?" Ich hörte ein äußerst verblüfftes und verlegenes Lachen. "Mum, woher weißt Du?" Tja, woher wohl?

Ich habe diese Art des Umgangs schon immer geschätzt. Das schließt Gefühle nicht aus. Die können in den Ring geworfen werden, wenn die Fakten geklärt sind. Damit kann ich prima umgehen, da weiß ich um was es geht, was man von mir erwartet. Es gab entsprechend auch emotionale Auseinandersetzungen, aber eben immer mit offen gezogenem Schwert. Natürlich ist man trotzdem verletzt. Aber es ist eine ehrliche Diskus- sion, in der man zu argumentieren vermag. So sind wir immer miteinander umgegangen. Wobei das Wich- tigste stets klar war. Um was auch immer es geht und ganz gleich wie hart: Wir lieben uns unerschütterlich, können uns stets aufeinander verlassen. Das war der Schlüssel zu allem. 

Gänzlich anders reagiere ich auf Schweigen. Missachtung. Bestrafung durch Ignoranz. Unklare Andeutun- gen, böse Blicke. Damit kann ich sehr schlecht umgehen, das vermag ich nicht klar zu deuten, werde stark verunsichert und es setzt sich eine Spirale in Gang. Ich schweige auch. Vermeide es mich solchen Situatio- nen auszusetzen, da ich inzwischen erkannt habe, wie sehr sie mich destabilisieren. Da sie uralte Erinnerun- gen aufleben lassen. An einen Menschen, der tagelang kein Wort mit mir gewechselt hat, an mir vorbei ging, als existiere ich nicht. Mich für etwas strafte, das ich als Kleinkind gar nicht erfassen konnte.

Heute erweckt ein solches Verhalten zwangsläufig die gleichen Gefühle wie damals. "Du nervst, bist uner- träglich, geh' mir aus den Augen, besser noch aus dem Weg, ich empfinde nichts Positives für Dich!" Wenn ein Mensch ein Teil von mir ist, kommt das einer inneren Vernichtung gleich. Denn er sagt mir: "Ich liebe Dich nicht! Genauso wenig, wie es Deine Eltern taten!" Ein Erdrutsch setzt sich in Gang. Tränen geben der Verzweiflung Ausdruck und sind nicht zu unterdrücken. Im Kopf dreht sich ein Karussell immer schneller, kein klarer Gedanke ist mehr erfassbar. Ein Supergau für jeden Asperger. Schlimmer geht's nimmer.

Ach, Autisten sind zu solch starken Gefühlen fähig? Dachte man nicht immer sie hätten gar keine? Nicht alle Asperger sind "Rain Man", oder "Savants" und Autismus bietet ein sehr weites Spektrum. Natürlich sind ohnehin nicht alle Menschen gleich, logischerweise. Was aber auf sehr viele Asperger übereinstimmend zu- trifft: Was sie tun, das tun sie ganz, mit voller Überzeugung, aus ihrem tiefsten Innern heraus, mit allen Konsequenzen. Wenn sie enttäuscht wurden, werden sie dieser Person niemals mehr restlos vertrauen. Wenn sie lieben, dann aus aller Inbrunst heraus, derer sie nur fähig sind. Unbeirrbar. Absolut. Für immer. Aber was geschieht, wenn der so sehr geliebte Mensch sich als Enttäuschung erweist? Eben das ist der bit- tere Knackpunkt...

 

Die Liebe bleibt. Die Stille auch. Ein Herz zerbrach. Nie mehr kann es sein, wie es früher war.

Seitdem habe ich mich ganz in mein Haus zurückgezogen. In mich. Meine Trauer. Den Schmerz.

Nun bin ich wirklich "all"-"ein", mehr kann ich mir kaum antun. Autismus in krasser Ausprägung.

 

 

 

 

So still und so verloren ging ich (im Mai) fort...